Die Reise führt durch den Parc naturel regional du Vercors, eines der Lieblingsgebiete unseres ehemaligen Nachbarn. Mal sehen. Einige km vor Gresse en Vercors geschieht das Unausweichliche. Ein Gewitter, um halb zehn morgens! Der Regen prasselt.
Dann Polizei: Kein Durchkommen wegen einer Baustelle bis viertel nach zwölf. Sehr anerkennenesnwert, dass sie uns gleich hier aufhalten. Nebenan befindet sich ein riesiger Parkplatz und eine Lastwagenschenke. Viele Reisende sitzen schon drin und wärmen sich auf. Ein Sandwich und ein Fläschchen Wasser genügen vorderhand. 6€, das sind noch Preise, wie zu Grossmutters Zeiten! Der Regen hat inzwischen aufgehört.
Die Strecke wird nun abwechslungsreich, schlängelt sich entlang dem Westhang des Tales durch die Weiden. Sogar einen kleinen Pass gilt es bei Clelles zu überwinden. Dann und wann ein hübsches Dorf. Die Weihnachtsbeleuchtungen sind montiert, in sechs Monaten ist ist es wieder soweit. Der Blick geht jetzt weit über das Land ins breite Tal. Eine sehr schöne Gegend. Motorianern absolut zu empfehlen!
In Serres, ein hübsches Städtchen, an einem Bergvorsprung am Fluss le Buech gelegen (es ist wieder nass) nehme ich die Route nach Westen. Die gut ausgebaute Strasse etwas erhöht, führt einem Hügelzug entlang durch kleine Dörfer und riesige Felder, links und rechts der Strasse gelber Ginster. Auch hier ein herrlicher Blick ins weitläufige Tal. Eine tolle Motorradstrecke.
Der Regen hat aufgehört. In Nyons ist einiges los. Es sieht nach einem schüchternen Beginn des Sommertourismus aus. Die Gäste stehen etwas ratlos und ziehen ihre Stadtpläne zu Rate. Alles ältere Menschen. Im Office de Tourisme kann man mit free Wifi die Mails checken. Nebenan, im Café des Palmiers, genehmige ich einen Kaffee.
Die Jungs neben mir bitte ich um Feuer. Meine Zigarre macht Eindruck auf den dritten Kumpel, der später dazu kommt. Als er mich nach dem Woher fragt, identifiziert er mich klar als Banker, den ich angesichts der Zigarre sein muss. Mangels sicherer Sprachkenntnis verzichte ich darauf, ihm zu erklären, dass es sich nicht um teure Havannas, sondern schlicht um Fehlfarbene zu 30 Cts. das Stück handelt.
Von hier ist es nicht mehr weit zur Unterkunft. Aber aufgepasst: die letzten km bildet ein schmales, sehr kurviges Strässchen Richtung Bédoin. Die Abzweigung rechterhand zum Sidoine ist gut markiert. Der unbelegte feuchte Wald- und Wiesenweg würde jedes Motocrosserherz höher schlagen lassen. Nach 1.4 km ist das Ziel erreicht. Gleich zwei Swimmingpools lassen auf eine sehr gepflegte Unterbringung schliessen.
Auf das Glockenzeichen erscheint Catherine, die Garantin und zeigt mir eines von sechs Zimmern, ehemals Kuhstall. Davon spürt man aber heute nichts mehr. Catherine ist sehr freundlich, bietet mir ein Bier an und zeigt mir die Küche, wo ich mir etwas zum Nachtessen zubereiten könne (!). Aha, da habe ich bei der Buchung zu wenig aufgepasst. In Bédoin, ca. 3 km entfernt, gebe es zwei Restaurants. Catherine empfiehlt mir, morgen unbedingt die Gorges de Nesque zu besuchen. Es sei fast wie im Grand Canyon. Sehr malerisch. Das Wifi sei seit einigen Tagen ausgestiegen, man kenne die Ursache nicht, vielleicht die heftigen Regenfälle der letzten Tage. Noch vor drei Tagen hätten sie hier weit über 30 Grad am Schatten gehabt. Tatsächlich, das Gras vor dem Haus ist abgestorben.
Wie ich mich installiert habe und beabsichtige, mich für eine Weile mit Bier und einem Buch in den Garten zu setzen, geht der Regen von neuem los. Und wie! An einen Ausflug nach Bédoin ist nicht mal zu Fuss und mit Schirm zu denken. So mache ich es mir im Zimmer bequem und wechsle später in den Aufenthaltsraum, um die Karte nochmals eingehend zu studieren. Morgen geht es bekanntlich zum Grossereignis der Reise, dem Mont Ventoux. Der Gerant (Catherines Mann) bringt den neuesten Wetterbericht aus dem Internet (aha, es geht doch!). Klarer Himmel ab 5 Uhr morgens bis 10 Uhr. Dann Gewitter. Super!